Schelte für den Boten der schlechten Nachricht. Gedanken eines Journalisten zur Debatte über die Berichterstattung zum Germanwings-Absturz
Schlagworte:
Medien, Kommunikation, Berichterstattung, Journalismus, Pressekodex, Deutscher Presserat, Germanwings, Absturz, Opfer, Unglück, Katastrophen,Abstract
Dass den Boten die Strafe für die Botschaft trifft, war schon in der Antike eine ausgesprochen prekäre Begleiterscheinung im Nachrichtengeschäft. Seither haben sich die Kommunikationsformen von Grund auf verändert. Geblieben aber ist offenbar das Bedürfnis, sich bei ärgerlichen, bedrohlichen und aufwühlenden Neuigkeiten an den Übermittler zu halten. Anders ist das Journalisten-Bashing kaum zu erklären, das unmittelbar nach dem Absturz des Germanwings- Airbus Ende März 2015 einsetzte. Jedenfalls erreichte die Kritik an den Medien ein Ausmaß an Aggressivität und Hysterie, das es in anderen Fällen zuvor nicht gegeben hatte. Mit Bedacht ist hier von anderen, nicht von vergleichbaren Fällen die Rede, denn eben das – vergleichbar – war der Todesflug von 4U 9525 nicht.
Berichterstatter und Publikum sahen sich gleichermaßen damit konfrontiert, dass einer an Bord der Maschine alle Passagiere und die Besatzung mit sich in den Tod gerissen hatte. Ein buchstäblich monströses Szenario – außerhalb jeder normalen Vorstellung und zugleich inmitten eines so denkbar normalen, alltäglichen Settings wie dem Linienflug zwischen zwei europäischen Großstädten. (...)