Der Widerspruch von Schnelligkeit und Aktualität. Medienethische Überlegungen zum gegenwärtigen Geschwindigkeitswahn im Journalismus
Schlagworte:
Medien, Journalismus, Nachrichten, Informationen, Medienethik, Fakten, Gerüchte, GeschwindigkeitAbstract
"Als im März 2015 die Germanwings-Maschine 4U9525 über Frankreich abstürzte und alle 150 Insassen mit in den Tod riss, wurde dies auch für den Journalismus zur Nagelprobe. Wie immer, wenn über Kriege, Krisen oder Katastrophen berichtet wird, verfielen die Nachrichtenredaktionen in einen allgemeinen Erregungszustand und versuchten möglichst schnell möglichst vielfältige Informationen über die anfangs schwer zu durchschauenden Ereignisse in die Öffentlichkeit zu tragen. Gerade in den Livetickern der großen Onlineportale führte dies zu einigen bedenklichen Auswüchsen: Auf Seiten wie „Bild.de“ oder „Focus Online“ stieg die Zahl der eilig herausgejagten Kurzmeldungen innerhalb weniger Minuten ins Dutzendfache. Veröffentlicht wurde dabei so ziemlich alles, was die zuständigen Redakteure irgendwie in die Finger bekommen konnten. Gerücht oder Fakt, aussagekräftig oder nicht – derartige Unterscheidungen wurden erst einmal nebensächlich. In medialen Ausnahmesituationen wie diesen, so scheint es, werden gängige journalistische Selektions- und Sorgfaltsregeln vorübergehend außer Kraft gesetzt. Naheliegend, dass Medienkritiker wie der „Bildblog“-Betreiber Mats Schönauer im jour- nalistischen Umgang mit dem dramatischen Flugzeugabsturz gleichzeitig auch einen „Absturz des Journalismus“ (Schönauer 2015) sehen."