Der „Pillen-Bann“. Die Enzyklika Humanae Vitae Papst Pauls VI. im Spiegel der deutschen und italienischen Presse

Autor/innen

  • Florian Bock

Schlagworte:

Journalismus, Papst, Kirche, Enzyklika, Humane Vitae, Pille, Empfängnisverhütung, sexuelle Befreiung, Emanzipation

Abstract

Die Rezeption der 1968 erschienenen Enzyklika Humanae Vitae, in der sich Papst Paul VI. gegen die Einnahme von künstlichen Empfängnisverhütungsmitteln aussprach, wurde von vielen Gläubigen aus aller Welt verweigert und bestimmt seitdem die öffentliche Wahrnehmung des Montini-Papstes. Der vorliegende Beitrag untersucht die Reaktion der liberalen Wochenzeitung „Die Zeit“, des christlich-konservativen „Rheinischen Merkurs“ sowie der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ und des Mailänder „Corriere della Sera“ auf diese Enzyklika. Vor dem Hintergrund des „Krisenjournalismus“ der sechziger Jahre, der die Autoritäten wie die katholische Kirche mehr und mehr in Frage stellte, konzentrierte sich die Berichterstattung in der deutschen Presse – trotz unterschiedlicher Nuancen – bald nicht mehr nur auf das Verbot der Antibabypille. Vielmehr schien die Enzyklika auf vielfältige Weise gegen das öffentliche Bewusststein der sechziger Jahre verstoßen zu haben. Humanae Vitae stand mit den in der Mehrheit als weltfremd empfundenen Inhalten gegen den Vorsatz des Zweiten Vatikanums, mit der Welt in den Dialog zu treten („Aggiornamento“) sowie – damit verbunden – gegen ein demokratisches Kirchenverständnis. Ebenso wurde das päpstliche Schreiben als Verstoß gegen den technisch-wissenschaftlichen Fortschritt in Form von künstlichen Empfängnisverhütungsmitteln und damit als Wegbereiter für die damals herrschende Angst vor weltweiter Überbevölkerung empfunden. Humanae Vitae wurde aber auch zum Symbol der Positionierung der Kirche gegen die sexuelle Befreiung als wichtiger Bestandteil damaliger Identitäten sowie, da in der Entstehung ausschließlich von zölibatären Männern diskutiert, zum Symbol gegen die beginnende weibliche Emanzipation überhaupt. 

 

English

Florian Bock: The „Pillen-Bann“. The encyclical Humanae Vitae of Pope Paul VI and its reception in the German and Italian press

The reception of the encyclical Humane Vitae published in 1968 in which Pope Paul VI regarded abortion, contraception, and other issues pertaining to human life, was refused by many Catholics all over the world. Ever since it has determined the public perception of the Montini-pope. This article analyzes the immediate reactions from the liberal weekly „Die Zeit“, the Christian weekly „Rheinischer Merkur“ and also from the dailies „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ and „Corriere della Sera“ towards this encyclical. Due to a more critical journalism in the 1960s which brought authorities like the Catholic Church more and more into question, the reporting in the German press was – despite of some variations – not only concentrated on the papal ban of the pill. The encyclical rather seemed to have offended the public opinion of the 1960s in various ways: It stood against the Second Vatican Council and its intention to find the dialogue with the modern world („Aggiornamento“) and, in addition to this, against a more democratic definition of church. Furthermore, Humanae Vitae was seen as a measure against the scientific progress of modern technologies concerning birth control. That way, the papal writing is often said to have paved the way for the fear of overpopulation and famines especially in the Third World at that time. Still, Humanae Vitae can also be interpreted as the official Catholic position against sexual liberation, which was an important element for the identity formation within the youth during the 1960s. The encyclical stood also against the beginning female emancipation in general since the text was originally only discussed by men who practiced celibacy.

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Veröffentlicht

2010-09-01

Ausgabe

Rubrik

Communicatio Socialis 1968-2013