Autonom und abhängig. Zur Autopoiesis des Journalismus.
Schlagworte:
Autopoietik, Autopoiesis, Selbstorganisation, Journalismus, Systemtheorie, Selbstreferentialität, Selbstthematisierung, Kopplung, Autonomie,Abstract
Anfang der 90er Jahre hatten die Massenmedien in der systemtheoretisch ausgerichteten Soziologie hinreichend Resonanz ausgelöst. Niklas Luhmann erhob sie in den Rang eines Funktionssystems und ließ sein Manuskript über die "Realität der Massenmedien" zirkulieren. Mittlerweile ist zu beobachten, wie die soziologische Systemtheorie ihrerseits die aktuellen Massenmedien irritiert. In einer Reportage über einen Gerichtsauftritt des deutschen Außenministers Joschka Fischer etwa beobachten Journalisten die Journalisten systemtheoretisch: "Der Altmeister der Systemtheorie (Luhmann, BB) wusste schon vor über zehn Jahren, dass alles, was wir wissen, wir nur aus den Medien wissen. Daran halten sich auch die Medien selbst. So filmen die Journalisten vor dem Gerichtsgebäude Journalisten beim Filmen. Die ganz Cleveren unter ihnen filmen Journalisten, die Journalisten filmen, die Journalisten filmen." (die tageszeitung, 17. Januar 2001) Belegt die Beobachtung, dass Medien Medien beobachten, die Selbstreferentialität des Systems Journalismus, und ist dies ein Indiz für die Autopoiesis des Journalismus? Oder zeigt die zunehmende Selbstthematisierung nicht eine zirkuläre, permanente Selbstbeobachtung der Medien an, in der sich die Medien gewissermaßen selbst instrumentalisieren und steuern lassen? Der Beitrag erörtert die Frage, ob Journalismus autopoietisch ist, indem Probleme von Kopplung und Autonomie, von Instrumentalisierung versus Autopoiesis und Fremdsteuerung versus Selbststeuerung diskutiert werden. Argumentiert wird theoretisch mit Zugriff auf Modelle und Instrumente der Systemtheorie und empirisch mit Beobachtungen des aktuellen Journalismus. (...)